Nowy! Niemand war in Manhattan nad Odra

Wer kennt es nicht, Manhattan an der Oder?

Einige, oder?

Jedenfalls, ich war da und berichte im Folgenden ein wenig darüber, zugleich auch von „Art an der Grenze 2017“. Wow! Gleich zwei Berichte in einem!!

Und ich frage nochmal: wer kennt es nicht? Also „Art an der Grenze“?

Nur so viel ohne zu weit auszuholen: Art an der Grenze ist ein Kunstfestival in Frankfurt Oder, findet – soweit ich weiß – jedes Jahr statt und lädt Kunstschaffende aus der Region dazu ein, ihr Werk einem hungrigen Publikum vorzustellen. Dazu gibt’s Filmchen, Lesungen und viele unterschiedliche Workshops. Dieses Jahr wurde es von einem neuen Team organisiert, welches gleich die Besten der Besten dieser kleinen Schmugglerstadt am Grenzfluss in sich vereinigte – Langzeitstudenten, Kuppler und Straßenbaumeister (u.a.). Zudem wurden 2017 zum ersten Mal auch Künstler aus Polen eingeladen.

Ich durfte als Exilant der Gockelstadt mit ausstellen. Im Gepäck hatte ich ein paar großformatige Zeichnungen, kleinere Drucke und natürlich „Rockin Rooster meets Hula Lady“. Nachdem ich dieses Jahr schon Herrenberg in Erfurt mit musikalischer Hilfe von „Das weltweite Netzwerk für ein Bedingungsloses Grundeinkommen“ erfolgreich gentrifiziert hatte, wurde ich nun von der Scharnstraße in Frankfurt Oder angelockt.

In der Scharnstraße wird gerne geraucht – wie überhaupt in der ganzen Stadt. Gerne steht man auf dem Balkon, blickt runter zum ehemaligen Frankfurter Kranz und schaut, was sich dort in der alten Nazikneipe so tut.

Tatsächlich tat sich dort so einiges, ganz viel Kunstzeug – auch gegenüber des Kranzes in den anderen Ausstellungsräumen und irgendwo dazwischen wurde dann am 26.04.2017 die ganze Nummer eröffnet. Wohlgemerkt in Abwesenheit des Oberbürgermeisters, der wahrscheinlich auf geheimer Mission in Katar nach Unterstützung für die nächste Chipfabrik suchte (das ist jetzt ein Insider!). Der Bürgermeister aus Slubice war jedoch da, schön, der würde meine Stimme bekommen, dachte ich mir als ich den Sekt hinunterschnabulierte – ein Prosit auf Polen!

Der Abend verging, ich baute zwischendurch noch meinen Bauchladen auf und wurde immer betrunkener – was immer für reichlich Prozentnachlass bei den zu verkaufenden Druckprodukten führte, zwei zum Preis von einem und so…

Im Laufe dieses Abends lernte ich dann Mateusz Dobs kennen, der stellte mit mir im selben Raum aus und war auch schon ein wenig angeheitert.

Mein Problem mit diesen Kunstausstellungen, an denen mehrere Künstler_innen beteiligt sind, ist normalerweise dass man da ganz viel von diesem narzisstischen Pack um sich hat und so richtig kennenlernen tut man keinen. Eigentlich Schade, man könnte ja so viel Spaß haben, aber nein, normalerweise hängt man bei seinen Werken rum und darf das Laufpublikum bespaßen. Am Ende geht’s dann schnell in die Bude und Tschüss, ist halt auch ein bisschen Arbeit und Arbeit darf ja bekanntlich keinen Spaß machen. In Frankfurt war es ein wenig anders.

Mateusz Dobs und seine Kumpels luden mich am Vernissageabend in ihre Garage nach Slubice zum Zeichnen ein. Ein paar Tage später folgte ich der spannenden Einladung. Mich erreichte eine SMS und im Zwielicht eines Frühlingsabends überquerte ich die Oderbrücke Richtung Slubice, wo ich nicht lange wartend von Mateusz und Pavel zu einem Auto geführt wurde.

Sie kauften ein paar Bier und wenig später erreichten wir den Garagenkomplex. Irgendwo hier war die „Artgarage“ versteckt, wie sie ihren Kreativarbeitsplatz bezeichneten. „Art an der Grenze 2017“ war die erste Ausstellungsmöglichkeit für Dobs, zum ersten Mal kamen seine Bilder aus der Garage und wurden einem breiteren Publikum präsentiert. Dazu muss man erwähnen, dass er vorher schon an der Verschönerung der leeren Wände in Slubice beteiligt war – schick Grafittis und so – aber auch dort kriegt man Ärger, wenn man dabei erwischt wird und als ehrlich arbeitender Familienvater wird’s da ganz schön schnell problematisch im Geldbeutel.

Die „Artgarage“ war nach meiner ersten Inspektion ordentlich mit Materialien ausgestattet – fertige und unfertige Bilder standen herum, Spraydosen, Stencils, Zeitungen, beklebte Wände und ein Bild von der Brooklynbridge. In diesem Umfeld knackten wir ein paar Bierdosen und fingen an zu arbeiten. Irgendwann im Laufe der Nacht fuhr ein ominöser Kleinbus mit deutschem Kennzeichen die Garagen entlang, dazu gesellte sich ein Polizeiauto, was einige Zeit auch vor unserer Garage stehen blieb. Die beiden erzählten mir von missverständlichen Begegnungen mit anderen Garagennutzern. Einmal kamen sie mit Atemmasken aus ihrer Bude, was den fälschlichen Eindruck von Drogenköchen bei den Beobachtern hinterließ.

Ich fragte sie während der Schicht, was ihr Eindruck von Frankfurt Oder war als sie das erste Mal die Stadt besucht hatten. Mit einem Englisch gelernt aus Film und Musik, erklärten sie mir, dass es für sie eine richtige Stadt war: groß – Slubice war für sie eine Art Dorf. „You know: Slubice was like Brooklyn, Frankfurt was Manhattan!“, erklärte mir Pavel.

Es war eine interessante Perspektive auf die Oderstadt, die mir dort angeboten wurde – Frankfurt als Manhattan – Manhattan an der Oder. Dazu dieses passende Bild von der Brooklynbridge in der „Artgarage“.

Überhaupt: Frankfurt durch die Augen meiner Gastgeber als eine Art Sehnsuchtsort zu sehen.

Viele der Studenten, welche an der Viadrina studieren, ziehen es zum Beispiel vor von Berlin anzureisen und dort zu wohnen. Lieber hohe Mieten und fast eine Stunde Anreise als in Frankfurt rumzuhängen, wo nichts geht. Den besten Ruf hat die Stadt ja nicht gerade, dazu gibt es ja ein Alternativfrankfurt in Deutschland mit richtiger Skyline, fetten Banken und einem Rotlichtviertel gleich am Bahnhof!

Wenn man in Frankfurt Oder aufwächst, will man eigentlich so schnell wie möglich woanders hin, zumindest ging es damals mir und vielen meiner Freunde so.

Dann gibt’s aber auch die Oderbrücke und aus zwei macht eins – also Frankfurt Oder und Slubice als eine Stadt gedacht, wie in der Zeit vor dem Ende des zweiten Weltkrieges. Schon lange gibt es keine nervigen Grenzkontrollen mehr, die Zollgebäude auf der Brücke wurden demontiert. Eine Buslinie fährt von der einen in die andere Stadt – vielmehr hat man aber das Gefühl, von einem Stadtteil in den Anderen. Die Stadt hat einen unleugbar eigenen Flair: zwei Städte zum Preis von einer.

Also doch Brooklyn und Manhattan?

Vielleicht ja, vielleicht passt der Vergleich, so unterschiedlich wie Einkommen und sozioökonomischer Standard in den beiden Nachbarländern sind. Da kann Frankfurt wirklich ein Manhattan sein, ein Sehnsuchtsort, Projektionsfläche.

Entsprechend toll ist es dann auch dort auszustellen, und Mateusz Dobs Arbeiten lohnen sich betrachtet zu werden, unabhängig davon, dass ich ihn als Gastgeber sehr zu schätzen wusste.

Ein bisschen bitter ist der Nachgeschmack von diesem Vergleich dann aber trotzdem, lässt er uns doch die Unterschiede schmecken. Die Grenze gibt es halt doch noch, als Sprachgrenze aber auch als Einkommensgrenze oder als Lebensstandardgrenze, unsichtbar durch den Wegfall grober Kontrollen aber immer noch da, sichtbar durch die Grenzpfeiler.

Zudem, seien wir doch ehrlich – für ein richtiges Manhattan fehlen die Wolkenkratzer. Der Oderturm ist nett, vielleicht wirklich das höchste Gebäude in Brandenburg, aber ein Trumptower würde nur überheblich grinsen. Soweit ich weiß, ist Manhattan auch eine Insel.

„Art an der Grenze“ macht in Ansätzen etwas richtig, weil es zu einem Begegnungsort wird, immerhin kam ich ja u.a. in Kontakt mit Mateusz Dobs und anderen interessanten Menschen. Menschen, welche dich wahrscheinlich außerhalb der Veranstaltung nie kennen gelernt hätten. Wünschenswert würde aber auch eine Ausrichtung der Ausstellung, vielleicht auch nur eines Teils davon, in Slubice sein. Da kann man doch mal für das nächste Mal drüber nachdenken. Immerhin gibt es dieses schicke alte Kino in Slubice, gleich in der Nähe der Brücke.

Vielleicht schafft man es ja über solche Angebote – diese nicht nur temporär verfügbar sondern dauerhaft installiert –, die Stadt ein wenig attraktiver zu machen, ihr Profil als „Europastadt“ ein wenig mehr zu schärfen. Solche Räume entstehen bekanntlich zuerst als Ideen, werden als künstliche Räume in Ansätzen ein wenig konkreter, aber bis zu einer Verwirklichung ist es dann doch ein weiter Weg. Dafür braucht es Begegnung und gemeinsame Räume, eine eigene Sprache. In etwa wie die „Artgarage“, in welcher wir uns auf Englisch und Dosenbier unterhielten.

Nachdem das Projekt „Slubfurt“ lange von der Stadt finanziell unterstützt wurde, bietet sich mit „Art an der Grenze“ nun ein anderer Versuch an. Eine Gruppe von Organisatoren gibt es, Kunstschaffende sowieso, Geld müsste ja auch irgendwo sein. Das eingangs von mir beschriebene „hungrige Publikum“ zeugt zudem von einer Nachfrage.

Ich denke jedenfalls gerne an die zwei Wochen in Frankfurt zurück, auch und gerade an die Möglichkeiten, welche es in dieser Brache gibt. Das Moderne Theater Oderland macht es ja vor – da gibt es Platz für Neues und auch eine Nachfrage, welche auf eine anderes Theaterangebot reagiert. Zudem hab ich mit anderen Interessierten bei „Art an der Grenze 2017“ in Workshops gelernt, was man mit Enkaustik so alles anstellen kann und mir eine Büste vom Blaumeisenkleist aus Ton gebastelt.

Bei meinem nächsten Besuch werde ich auf jeden Fall wieder die „Artgarage“ von Mateusz und Pavel besuchen, ich bin schon gespannt, was sich dort so alles getan haben wird und ob mein gespendetes Bild auch schön aufgehängt wurde.

Danke an die Organisatoren und Helfer, welche das kleine Festival möglich gemacht haben – habtihr gut gemacht! Zuletzt noch einen Dank an Mateusz und Pavelfür ihre eigenartige Perspektive auf die Gockelstadt an der Oder –

do widzenia, manhattan nad odra!

https://www.facebook.com/mateusz.dobs.3

http://art-an-der-grenze-ffo.weebly.com/

http://theater-oderland.de/

 

Leave a comment

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert




Nowy! Niemand war in Manhattan nad Odra

Wer kennt es nicht, Manhattan an der Oder?

Einige, oder?

Jedenfalls, ich war da und berichte im Folgenden ein wenig darüber, zugleich auch von „Art an der Grenze 2017“. Wow! Gleich zwei Berichte in einem!!

Und ich frage nochmal: wer kennt es nicht? Also „Art an der Grenze“?

Nur so viel ohne zu weit auszuholen: Art an der Grenze ist ein Kunstfestival in Frankfurt Oder, findet – soweit ich weiß – jedes Jahr statt und lädt Kunstschaffende aus der Region dazu ein, ihr Werk einem hungrigen Publikum vorzustellen. Dazu gibt’s Filmchen, Lesungen und viele unterschiedliche Workshops. Dieses Jahr wurde es von einem neuen Team organisiert, welches gleich die Besten der Besten dieser kleinen Schmugglerstadt am Grenzfluss in sich vereinigte – Langzeitstudenten, Kuppler und Straßenbaumeister (u.a.). Zudem wurden 2017 zum ersten Mal auch Künstler aus Polen eingeladen.

Ich durfte als Exilant der Gockelstadt mit ausstellen. Im Gepäck hatte ich ein paar großformatige Zeichnungen, kleinere Drucke und natürlich „Rockin Rooster meets Hula Lady“. Nachdem ich dieses Jahr schon Herrenberg in Erfurt mit musikalischer Hilfe von „Das weltweite Netzwerk für ein Bedingungsloses Grundeinkommen“ erfolgreich gentrifiziert hatte, wurde ich nun von der Scharnstraße in Frankfurt Oder angelockt.

In der Scharnstraße wird gerne geraucht – wie überhaupt in der ganzen Stadt. Gerne steht man auf dem Balkon, blickt runter zum ehemaligen Frankfurter Kranz und schaut, was sich dort in der alten Nazikneipe so tut.

Tatsächlich tat sich dort so einiges, ganz viel Kunstzeug – auch gegenüber des Kranzes in den anderen Ausstellungsräumen und irgendwo dazwischen wurde dann am 26.04.2017 die ganze Nummer eröffnet. Wohlgemerkt in Abwesenheit des Oberbürgermeisters, der wahrscheinlich auf geheimer Mission in Katar nach Unterstützung für die nächste Chipfabrik suchte (das ist jetzt ein Insider!). Der Bürgermeister aus Slubice war jedoch da, schön, der würde meine Stimme bekommen, dachte ich mir als ich den Sekt hinunterschnabulierte – ein Prosit auf Polen!

Der Abend verging, ich baute zwischendurch noch meinen Bauchladen auf und wurde immer betrunkener – was immer für reichlich Prozentnachlass bei den zu verkaufenden Druckprodukten führte, zwei zum Preis von einem und so…

Im Laufe dieses Abends lernte ich dann Mateusz Dobs kennen, der stellte mit mir im selben Raum aus und war auch schon ein wenig angeheitert.

Mein Problem mit diesen Kunstausstellungen, an denen mehrere Künstler_innen beteiligt sind, ist normalerweise dass man da ganz viel von diesem narzisstischen Pack um sich hat und so richtig kennenlernen tut man keinen. Eigentlich Schade, man könnte ja so viel Spaß haben, aber nein, normalerweise hängt man bei seinen Werken rum und darf das Laufpublikum bespaßen. Am Ende geht’s dann schnell in die Bude und Tschüss, ist halt auch ein bisschen Arbeit und Arbeit darf ja bekanntlich keinen Spaß machen. In Frankfurt war es ein wenig anders.

Mateusz Dobs und seine Kumpels luden mich am Vernissageabend in ihre Garage nach Slubice zum Zeichnen ein. Ein paar Tage später folgte ich der spannenden Einladung. Mich erreichte eine SMS und im Zwielicht eines Frühlingsabends überquerte ich die Oderbrücke Richtung Slubice, wo ich nicht lange wartend von Mateusz und Pavel zu einem Auto geführt wurde.

Sie kauften ein paar Bier und wenig später erreichten wir den Garagenkomplex. Irgendwo hier war die „Artgarage“ versteckt, wie sie ihren Kreativarbeitsplatz bezeichneten. „Art an der Grenze 2017“ war die erste Ausstellungsmöglichkeit für Dobs, zum ersten Mal kamen seine Bilder aus der Garage und wurden einem breiteren Publikum präsentiert. Dazu muss man erwähnen, dass er vorher schon an der Verschönerung der leeren Wände in Slubice beteiligt war – schick Grafittis und so – aber auch dort kriegt man Ärger, wenn man dabei erwischt wird und als ehrlich arbeitender Familienvater wird’s da ganz schön schnell problematisch im Geldbeutel.

Die „Artgarage“ war nach meiner ersten Inspektion ordentlich mit Materialien ausgestattet – fertige und unfertige Bilder standen herum, Spraydosen, Stencils, Zeitungen, beklebte Wände und ein Bild von der Brooklynbridge. In diesem Umfeld knackten wir ein paar Bierdosen und fingen an zu arbeiten. Irgendwann im Laufe der Nacht fuhr ein ominöser Kleinbus mit deutschem Kennzeichen die Garagen entlang, dazu gesellte sich ein Polizeiauto, was einige Zeit auch vor unserer Garage stehen blieb. Die beiden erzählten mir von missverständlichen Begegnungen mit anderen Garagennutzern. Einmal kamen sie mit Atemmasken aus ihrer Bude, was den fälschlichen Eindruck von Drogenköchen bei den Beobachtern hinterließ.

Ich fragte sie während der Schicht, was ihr Eindruck von Frankfurt Oder war als sie das erste Mal die Stadt besucht hatten. Mit einem Englisch gelernt aus Film und Musik, erklärten sie mir, dass es für sie eine richtige Stadt war: groß – Slubice war für sie eine Art Dorf. „You know: Slubice was like Brooklyn, Frankfurt was Manhattan!“, erklärte mir Pavel.

Es war eine interessante Perspektive auf die Oderstadt, die mir dort angeboten wurde – Frankfurt als Manhattan – Manhattan an der Oder. Dazu dieses passende Bild von der Brooklynbridge in der „Artgarage“.

Überhaupt: Frankfurt durch die Augen meiner Gastgeber als eine Art Sehnsuchtsort zu sehen.

Viele der Studenten, welche an der Viadrina studieren, ziehen es zum Beispiel vor von Berlin anzureisen und dort zu wohnen. Lieber hohe Mieten und fast eine Stunde Anreise als in Frankfurt rumzuhängen, wo nichts geht. Den besten Ruf hat die Stadt ja nicht gerade, dazu gibt es ja ein Alternativfrankfurt in Deutschland mit richtiger Skyline, fetten Banken und einem Rotlichtviertel gleich am Bahnhof!

Wenn man in Frankfurt Oder aufwächst, will man eigentlich so schnell wie möglich woanders hin, zumindest ging es damals mir und vielen meiner Freunde so.

Dann gibt’s aber auch die Oderbrücke und aus zwei macht eins – also Frankfurt Oder und Slubice als eine Stadt gedacht, wie in der Zeit vor dem Ende des zweiten Weltkrieges. Schon lange gibt es keine nervigen Grenzkontrollen mehr, die Zollgebäude auf der Brücke wurden demontiert. Eine Buslinie fährt von der einen in die andere Stadt – vielmehr hat man aber das Gefühl, von einem Stadtteil in den Anderen. Die Stadt hat einen unleugbar eigenen Flair: zwei Städte zum Preis von einer.

Also doch Brooklyn und Manhattan?

Vielleicht ja, vielleicht passt der Vergleich, so unterschiedlich wie Einkommen und sozioökonomischer Standard in den beiden Nachbarländern sind. Da kann Frankfurt wirklich ein Manhattan sein, ein Sehnsuchtsort, Projektionsfläche.

Entsprechend toll ist es dann auch dort auszustellen, und Mateusz Dobs Arbeiten lohnen sich betrachtet zu werden, unabhängig davon, dass ich ihn als Gastgeber sehr zu schätzen wusste.

Ein bisschen bitter ist der Nachgeschmack von diesem Vergleich dann aber trotzdem, lässt er uns doch die Unterschiede schmecken. Die Grenze gibt es halt doch noch, als Sprachgrenze aber auch als Einkommensgrenze oder als Lebensstandardgrenze, unsichtbar durch den Wegfall grober Kontrollen aber immer noch da, sichtbar durch die Grenzpfeiler.

Zudem, seien wir doch ehrlich – für ein richtiges Manhattan fehlen die Wolkenkratzer. Der Oderturm ist nett, vielleicht wirklich das höchste Gebäude in Brandenburg, aber ein Trumptower würde nur überheblich grinsen. Soweit ich weiß, ist Manhattan auch eine Insel.

„Art an der Grenze“ macht in Ansätzen etwas richtig, weil es zu einem Begegnungsort wird, immerhin kam ich ja u.a. in Kontakt mit Mateusz Dobs und anderen interessanten Menschen. Menschen, welche dich wahrscheinlich außerhalb der Veranstaltung nie kennen gelernt hätten. Wünschenswert würde aber auch eine Ausrichtung der Ausstellung, vielleicht auch nur eines Teils davon, in Slubice sein. Da kann man doch mal für das nächste Mal drüber nachdenken. Immerhin gibt es dieses schicke alte Kino in Slubice, gleich in der Nähe der Brücke.

Vielleicht schafft man es ja über solche Angebote – diese nicht nur temporär verfügbar sondern dauerhaft installiert –, die Stadt ein wenig attraktiver zu machen, ihr Profil als „Europastadt“ ein wenig mehr zu schärfen. Solche Räume entstehen bekanntlich zuerst als Ideen, werden als künstliche Räume in Ansätzen ein wenig konkreter, aber bis zu einer Verwirklichung ist es dann doch ein weiter Weg. Dafür braucht es Begegnung und gemeinsame Räume, eine eigene Sprache. In etwa wie die „Artgarage“, in welcher wir uns auf Englisch und Dosenbier unterhielten.

Nachdem das Projekt „Slubfurt“ lange von der Stadt finanziell unterstützt wurde, bietet sich mit „Art an der Grenze“ nun ein anderer Versuch an. Eine Gruppe von Organisatoren gibt es, Kunstschaffende sowieso, Geld müsste ja auch irgendwo sein. Das eingangs von mir beschriebene „hungrige Publikum“ zeugt zudem von einer Nachfrage.

Ich denke jedenfalls gerne an die zwei Wochen in Frankfurt zurück, auch und gerade an die Möglichkeiten, welche es in dieser Brache gibt. Das Moderne Theater Oderland macht es ja vor – da gibt es Platz für Neues und auch eine Nachfrage, welche auf eine anderes Theaterangebot reagiert. Zudem hab ich mit anderen Interessierten bei „Art an der Grenze 2017“ in Workshops gelernt, was man mit Enkaustik so alles anstellen kann und mir eine Büste vom Blaumeisenkleist aus Ton gebastelt.

Bei meinem nächsten Besuch werde ich auf jeden Fall wieder die „Artgarage“ von Mateusz und Pavel besuchen, ich bin schon gespannt, was sich dort so alles getan haben wird und ob mein gespendetes Bild auch schön aufgehängt wurde.

Danke an die Organisatoren und Helfer, welche das kleine Festival möglich gemacht haben – habtihr gut gemacht! Zuletzt noch einen Dank an Mateusz und Pavelfür ihre eigenartige Perspektive auf die Gockelstadt an der Oder –

do widzenia, manhattan nad odra!

https://www.facebook.com/mateusz.dobs.3

http://art-an-der-grenze-ffo.weebly.com/

http://theater-oderland.de/

 

Leave a comment

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert